Dein Kind und die Zeit – Teil 2

FamilienAlltag leben

Dein Kind und das Zeitgefühl

Teil 2 Kinder älter als 6 Jahre

 

Teil 1 für Kinder jünger als 6 Jahre im Blogartikel “Dein Kind und das Zeitgefühl – Teil 1”

 

 

Eine Geschichte aus dem Alltag von Lina

Lina hatte mit ihrer Tochter Rike (7) einige heftige Auseinandersetzungen über das Thema Süßigkeiten und Naschen.

 

Um die Eigenverantwortung von Rike zu stärken und die Konflikte etwas zu entspannen, vereinbart sie mit ihrer Tochter, dass diese jeden Sonntag eine kleine Box gefüllt mit ausgesuchten Süßigkeiten und Knabbereien bekommt. Die Menge soll dann für die ganze Woche reichen.

 

Gesagt, getan. Rike erhält am Sonntag ihre erste gefüllt Box; sie ist sichtlich stolz und freut sich.

 

Doch schon am Mittwoch kommt sie wieder zu ihrer Mutter und fragt nach Gummibärchen.

Auf die Frage ihrer Mutter nach der Box sagt sie nur: „Die ist leer.“

 

Das wiederholt sich noch weitere 4 Wochen. Dann beschließt Lina, dass sich etwas ändern muss.

 

 

Wie würdest du reagieren?
  • Über dein Kind schimpfen, dass es sich doch einfach zusammennehmen soll?
  • Süßigkeiten nachschieben oder die Menge erhöhen?
  • Oder die Vereinbarung sofort wieder rückgängig machen, da es eh keinen Zweck hat?

Das sind die normale Reaktionen der Eltern. Auch Lina hätte vor unserer gemeinsamen Arbeit so reagiert.

Rike und/oder Lina hätten sich entmutigt und frustriert gefühlt und Rike hätte keine Chance gehabt, ihre Kompetenz zu festigen und zu beweisen. Weitere Konflikte und Wutausbrüche wären die unausweichliche Folge.

Im anderen Blogartikel (Dein Kind und die Zeit – wie passen die zusammen? Teil1) habe ich dir schon beschrieben, dass Kinder unter 6 Jahren überhaupt kein Zeitgefühl haben. In diesem Alter zählt nur die Gegenwart.

 

Wie ist das nun mit Kindern, die älter als 6 Jahre alt sind?

Das Zeitgefühl entwickelt sich – langsam und stetig. Ungefähr mit 6 Jahren beginnen Kinder die Uhr zu lesen und sich mit dem Zeitverlauf zu beschäftigen.

Und das sind die beiden wichtigen Begriff: lernen und damit beschäftigen.

Das ist ein Prozess, der seine Zeit braucht. 😉 Bis ein Kind tatsächlich unser kulturelles (und damit unnatürliches) Konstrukt der Zeit, der Zeitabstände und Zeitverläufe wirklich im Ganzen versteht, begreift und damit souverän umgehen kann, vergehen Jahre. Und das erfordert lernen, damit beschäftigen, Fehler begehen und aus diesen zu lernen.

Rike hat die Box für eine 1 Woche bekommen. Natürlich „weiß“ sie, dass das mehrere Tage sind und sich die Wochentage wiederholen. Doch so richtig begreifen? Damit umgehen und die Süßigkeiten so einteilen, dass sie für die ganze Zeit reichen? Nein, das scheint noch nicht möglich zu sein.

 

Das kann verschieden Gründe haben.
  1. Ihr fällt es schwer, den Begriff Woche zu begreifen. Eine Woche besteht aus 7 Tagen? Und ein Tag aus 24 Stunden? Usw. – uiii, wie komplex und kompliziert.
  2. Die Menge der Süßigkeiten in der Box scheint riesig – übersteigt auf jeden Fall die Menge, die sie jemals vor sich hatte. Und dieser scheinbar unbegrenzte Zugang zu den Süßigkeiten ist für sie neu und sie ist begeistert. Sie hat noch keine Strategie entwickelt, wie sie mit diesen vielen Möglichkeiten umgehen kann.
  3. Sie kann (noch) nicht warten und verzichten. Die verlockenden Sachen liegen da in der Box und rufen geradezu, dass sie gegessen werden sollen. Verzichten für morgen fällt schwer.

Die Fähigkeit, in der Gegenwart eine Entscheidung zu treffen mit Konsequenzen für die Zukunft, entwickelt sich natürlich auch erst nach und nach. Das muss geübt und ausprobiert werden.

 

Was also kann Lina hier ändern?

Zuerst setzt sie sich mit ihrer Tochter zusammen und spricht mir ihr über deren Erfahrungen. Bei den wiederholten Nachfragen unter der Woche, war sie immer standhaft geblieben und hatte ihrer Tochter nicht zusätzlich etwas gegeben.

 

Doch das hatte natürlich auch zu Konflikten und Wut geführt. Rike erzählt, dass sie auch immer traurig war, wenn die Box plötzlich leer war und sie nichts mehr hatte.

 

Sie erzählt stolz: „Mama, in der einen Woche hat es doch sogar bis zum Kampftag gereicht.“

Im ersten Moment ist Lina irritiert und dann fällt ihr ein, dass Rike am Donnerstagnachmittag zum Judotraining und ihr großer Sohn Jonas zum Taekwondo-Training gehen. Das bezeichnet die Familie manchmal scherzhaft als „Kampftag“.

 

Und da wird ihr klar, was los ist: Rike kann mit dem Begriff Woche nichts anfangen.

 

Sie beginnt zusammen mit Rike zu überlegen, welche Lösung nun die beste ist.

 

 

Meine Tipps dazu für das Lernen des Zeitgefühls:

1. Begriffe und Konstrukt Zeit erklären und begreifbar machen (Das sind natürlich alles nur Beispiele, entwickle deine eigenen Formulierungen)

  • Verwende Worte, die die Zeitspanne für dein Kind erklären: „45 Minuten, so lange dauert eine Schulstunde“ „1 Woche ist 7x schlafen oder dauert von Kampftag zu Kampftag“
  • Viualisiere Zeitspannen für dein Kind: z.B. durch einen Kalender für Woche, Monat, Jahr. Selbstgestaltet und kindgerecht. Du kannst dann alle bekannten und wiederkehrenden Ereignisse eintragen. Oder mit Sanduhren oder Wecker
  •  Verwende immer die gleichen Begriffe für Zeitabstände in den kurzen Antworten auf Fragen deines Kindes (kennste bestimmt 😎): „sofort“ ist wirklich unmittelbar, „gleich“ ist einige Minuten später, „nachher“ ist nach einige Stunden usw.

2. Strategien entwickeln für den Umgang mit Entscheidungen für die Zukunft

Entwickle zusammen in einem Gespräch mit deinem Kind, wie es mit der Situation umgehen will, wenn es Entscheidungen für die Zukunft treffen soll.

Weitere Beispiele sind dazu: Packen des Schulranzens für den nächsten Tag, Vorbereiten auf einen Test in der Schule, Taschengeld sparen für ein besonderes Spielzeug, usw.

Lass dein Kind die verschiedenen Strategien selbst üben, bis es die passende gefunden hat.

 

 

Was hat Lina verändert?

Lina bespricht mit Rike, dass sie die Woche nochmals einteilen. Rike bekommt ihre Box nun 2x in der Woche gefüllt: am Donnerstag und am Sonntag.

 

Sie basteln zusammen einen Wochenkalender, in den wiederkehrende Ereignisse eingetragen werden. Dieser passt auf den Boden der Box. Durch die großen gezeichneten Kästchen kann Rike die Menge an Süßigkeiten grob den Tagen zuordnen.

 

Und Lina spricht mit ihrer Tochter so ganz nebenbei im Alltag immer wieder über Zeitspannen und versucht, sie für ihre Tochter erlebbar zu gestalten.

Immer nach ein paar Wochen sprechen sie miteinander über die Erfahrungen und Erkenntnisse.

Nach knapp 3 Monaten können sie auf die wöchentliche Box zurückkommen. Rike hat verschiedene Strategien ausprobiert, um mit den Verlockungen umzugehen und kommt inzwischen ganz gut damit zurecht.

 

Linas 11-jähriger Sohn Jonas begreift natürlich noch ein wenig besser, was Zeit bedeutet und kann auch schon ein paar mehr Entscheidungen für die Zukunft treffen. Doch auch bei ihm ist die völlige Verantwortlichkeit für diese Entscheidungen noch nicht ganz ausgereift.

Denk mal dran, dass die Volljährigkeit und damit auch die volle Verantwortung erst mit 18 Jahren eintritt. Bis dahin lernen Kinder und Jugendliche. Und brauchen unsere Unterstützung beim Lernen und nicht Druck oder Strafe.

Fazit: Kinder leben in der Gegenwart – je jünger, umso intensiver. Sie lernen erst ab 6 Jahren und dann auch noch langsam und stetig, was wir mit dem Konstrukt Zeit meinen.

Selbst als Jugendlicher lernt dein Kind noch.

Lass deinem Kind die Zeit und gib ihm die Möglichkeiten, eigene Erfahrung damit zu machen.

 

Teil 1 für Kinder jünger als 6 Jahre im Blogartikel “Dein Kind und das Zeitgefühl – Teil 1”

 

Und nun zu dir.

Hast du eine Idee, wo und wie du diese Erkenntnisse in deinem FamilienAlltagsChaos anwenden kannst?

Was willst du ändern?
Hast du Fragen dazu?
Wie sind deine Erfahrungen und Gedanken dazu?

Schreib mir in den Kommentaren. Ich freue mich darauf.

Herzliche Grüße

Cornelia Lupprian
Die Elternlotsin

 

 

Cornelia Lupprian
Die Elternlotsin

Ich lotse dich durch dein FamilienAlltagsChaos

Weg von Unsicherheit, Überforderung und Frust

Hin zu Gleichwürdigkeit, Klarheit und Gelassenheit

Mein großer Herzenswunsch ist es, Familien zu helfen, wieder Lebensfreude und Leichtigkeit im Alltag zu erleben.
Mein Wissen aus den Aus- und Weiterbildungen wird ergänzt durch viele Jahre Erfahrung als Familienberaterin und Mutter.

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