“Was denken jetzt nur die anderen?” –

Warum dieser Gedanke in Ordnung ist

Dein Kind tut etwas. (Naja, das passiert ja nun sehr sehr häufig)

Doch dein Kind tut etwas, was negative Reaktionen bei anderen Menschen (Lehrern, Erzieherinnen, Umstehende im Laden, andere Verwandte etc.) hervorruft oder hervorrufen könnte.

Du erntest dann Kritik oder diese verägerten/irritierten Blicke der Betroffenen oder Umstehenden.

• Dein 3-jähriges Kind wirft sich mitten im Laden vor Wut auf den Boden.
• Dein 5-jähriges Kind sagt zur Oma: “Oma, du stinkst.”
• Dein 8-jähriges Kind geht im Restaurant zum Nachbartisch und sagt zur Person dort: “Du trinkst Bier. Bist du Alkoholiker?”
• Dein Teenager-Kind wird beim Schule schwänzen erwischt.

Ich glaube, du weißt, wovon ich rede. 😎

“Oh, was denken jetzt nur die anderen!”

Kennst du diesen Gedanken?

Ich kann mir gut vorstellen, dass die Reaktion auf diese Frage sehr unterschiedlich sein kann.

a) Es gibt tatsächlich Menschen, denen das völlig egal ist, was andere denken. Doch die sind in der absoluten Minderheit.

b) Es berührt dich sehr. Entweder ist es dir peinlich und du schämst dich. Wofür eigentlich? Meist steht am Ende der Gedanken, dass du keine gute Mutter / kein guter Vater bist. Und schlimmstenfalls sogar, dass du kein guter Mensch bist, weil dein Kind sich so verhält und du es nicht im Griff hast bzw. bei der Erziehung völlig versagst.

c) Es kann auch sein, dass du ganz spontan sagst, dass es dir egal ist und dass doch dein Kind viel wichtiger ist.
Doch wenn du dann ganz ganz ganz ehrlich bist, ist da tief in deinem Inneren schon das Gefühl, dass es dir nicht egal ist, was andere über dich und dein Kind denken.

Wie ist es bei dir? Denk mal kurz darüber nach

Inzwischen ist es schon fast eine gesellschaftliche Notwendigkeit, daran zu arbeiten, dass die Meinung der anderen unwichtig ist.

Das erlebe ich in meinen Beratungen immer wieder. Und zwar erst recht bei den Eltern, die versuchen, gleichwürdig, beziehungsorientiert oder unerzogen zu erziehen.
Meiner Meinung und Erfahrung nach ist es ein Irrglaube, davon auszugehen, dass du das tatsächlich ganz überzeugt und auch ganz tief in deinem Inneren hinbekommst. 

Du wirst es niemals schaffen, komplett unabhängig von der Meinung und den Bewertungen der anderen zu sein.

Und das ist auch gut so.

Warum? fragst du?

Das will ich dir gerne erklären.

Wir sind soziale Wesen und mit unserem Überleben und erst recht mit dem Überleben unseres Nachwuchses auf die Hilfe und die Unterstützung andere Menschen angewiesen.

(Theoretisch könnten wir überleben im Sinne von nicht-sterben, doch was für ein Leben wäre es ohne das soziale Umfeld?)

Wir wollen in einer Gruppe angenommen, beschützt und wahrgenommen werden –

Wir wollen dazu gehören!

Und das passiert nur, wenn die Gruppe uns wohlgesonnen und positiv zugetan ist, uns mag und mit unserem Verhalten einverstanden ist.

Das ist eben ganz tief in uns verankert – um zu überleben.

Heißt das nun, dass wir alles für andere tun sollen, damit die uns mögen?
Naja, du kennst mich (hoffentlich 😊). Das ist nicht meine Schlussfolgerung.

Sondern eher diese Schlussfolgerung:

Bestrafe dich nicht dafür, dass du dem Mainstream der Unabhängigkeit von der Meinung anderer nicht blind folgst.

Akzeptiere, dass es dir eben nicht egal ist,

• dass dein Kind den halben Laden auf euch aufmerksam macht,
• dass dein Kind einen nahen Angehörigen mit der Aussage vor den Kopf stößt
• dass dein Kind einem fremden Menschen eine peinliche Frage stellt
• oder dass andere glauben könnten, du hättest deinen Teenager nicht im Griff.

Wenn du versuchst, gegen ein so tief verankertes Programm in dir vorzugehen, indem du dir vornimmst, dass dir ab sofort die Meinung andere egal ist, fühlst du dich einfach noch schlechter, weil du es nicht schaffst.

Was kannst du tun?

Nimm es an – atme tief durch – und entscheide dich dafür, dein Kind nicht zu schimpfen, sondern mit ihm gleichwürdig zu reden.

Sag zu dir:

“Ja, das ist mir unangenehm.

Und mein Kind ist wichtiger als die anderen.

 

Ich weiß, dass es einen Grund hat, das zu sagen oder zu tun.

 

Also werde ich mein Kind nicht strafen, nicht schimpfen, nicht mit rotem Kopf aus der Situation wegziehen oder sonst irgendwie peinlich berührt reagieren.

 

Ich kann den anderen Menschen mein Bedauern ausdrücken oder versuchen, eventuellen Schaden wieder gut zu machen.

 

Und ich kann mit meinem Kind in Ruhe und unter vier Augen sprechen, wie es den anderen Menschen geht (Oma und Tischnachbar) oder voll und ganz für mein Kind da sein (Wutausbruch im Laden) oder über Ursachen sprechen (Schule schwänzen).”

 

Nimm es also an, dass dir die Meinung der anderen wichtig ist – und mach dir klar, dass das Seelenheil deines Kindes noch viel wichtiger ist.

Ich hoffe sehr, dass dir diese Zeilen ein wenig Entspannung bieten, wenn dein Kind mal wieder etwas tut, was dir peinlich ist.

Du bist völlig in Ordnung, so wie du bist.

Wie sind deine Erfahrungen und Gedanken dazu?
Schreib mir in die Kommentare. Ich freue mich darauf! ❤

Herzliche Grüße

Cornelia Lupprian

Die Elternlotsin