Wie geht Schule? –
Gedanken und Impulse zu deiner Rolle im System Schule
In meinen Familienberatungen taucht das Thema Schule sehr häufig auf. Die Eltern berichten von den Kämpfen und Streitereien, von Ängsten und Sorgen, von Unsicherheit auf allen Seiten, von Schreien und Strafen und von Frust, Wut und Enttäuschungen.
Eine Institution außerhalb des Hauses mit einem klaren Bildungsauftrag bringt so viel Streit, Kämpfe, Frust und Beziehungsschäden mit in die Familien.
Und das finde ich so schade und es stimmt mich traurig.
Ich finde es schade …
… für die Kinder
Kinder wollen lernen. Sie wollen erfahren, was in ihrem Sozialsystem wichtig ist. Sie wollen Hintergründe erkunden und Zusammenhänge erfahren.
Und doch werden sie oft immer noch nach ihrer (vermeintlich) messbaren Leistung beurteilt und oft genug verurteilt, wenn es nicht perfekt genug ist.
Sie stehen und pendeln zwischen dem Zuhause und der Schule. Physisch und auch mit ihrer verletzlichen Seele. Sie wollen es irgendwie allen recht machen – den Eltern und den Lehrern.
Und verzweifeln teilweise sogar daran.
… für die Lehrerkräfte
Durch meine Weiterbildungen für pädagogische Fachkräfte weiß ich, dass es so viele Menschen gibt, die sich wirklich Mühe geben, den anvertrauten Kindern wirklich gerecht zu werden. Und doch sind sie in einem System gefangen, das ihnen relativ wenig Spielraum bietet.
Sie lernen im Studium eigentlich nicht, was es heißt mit den Kindern in den verschiedenen Entwicklungsstadien umzugehen. Sie wollen den Kindern etwas Gutes tun und schaffen es nicht so wie gewünscht, weil sie teilweise merkwürdig anmutenden Anweisungen beachten müssen.
Oft bekommen sie den Unmut der Eltern und der Kinder ab.
Und manchmal verzweifeln auch sie.
… für die Eltern
Fühlst du dich auch manchmal als Hilfslehrer/in? Streitest du mit deinem Kind, weil es nicht in die Schule will, Schule doof findet, keine Hausaufgaben macht und das Lernen für einen Test größtmögliche Verweigerung nach sich zieht?
Und was macht das mit dir, deinem Kind, der Atmosphäre zuhause und mit der Beziehung zu deinem Kind?
Du willst das Beste für dein Kind und willst dafür sorgen, dass es gute Noten bekommt.
Doch ist das tatsächlich das Beste für dein Kind?
Ist es manchmal zum Verzweifeln, weil du nicht weißt, was richtig ist oder was du ändern kannst?
Das System Schule können wir leider nicht so einfach ändern.
Doch wir als Eltern können unseren Umgang mit und unserer Einstellung zu Schule, Noten, Lehrern und dem ganzen Drum-und-Dran ändern.
Und mit einer klaren und akzeptierenden Haltung hilfst du deinem Kind am besten durch ein System, das definitiv nicht kindgerecht und doch das vorhandene Bildungssystem und damit für dein Kind täglich Normalität ist.
2 Gedanken und Anregungen für dich
1. Welche Rolle übernimmst du?
Es gibt ein Dreieck, das aus dem Kind, der Schule (Lehrern) und deinem Kind besteht.
Zwischen jeweils zwei Eckpunkt dieses Dreieck gibt es eine Beziehung.
Und jede Person an dem Eckpunkt hat eine Rolle inne, hat also eine bestimmte Aufgabe.
Dein Kind geht in die Schule und lernt – das ist seine Rolle und Aufgabe.
Der Lehrer/die Lehrerin unterrichtet dein Kind bestmöglich – das ist die Rolle und Aufgabe der Schule.
Diese beiden Rollen sind nahezu klar und definiert.
Und was ist deine Rolle – deine Aufgabe?
Mach dir bewusst, welche Rolle du in dem Dreieck “Schule-Kind-Eltern” übernehmen willst. -> Dein Wunsch
Mach dir bewusst, welche Rolle du in dem Dreieck “Schule-Kind-Eltern” tatsächlich übernimmst. -> Die Realität
Willst du Hilfslehrer/in sein?
Du lernst mit deinem Kind, überwachst die Hausaufgaben und achtest darauf, dass dein Kind alles tut, was die Schule vorgibt. Du willst die bestmöglichen Noten für dein Kind.
Die bestmöglichen Noten sorgen für einen guten Schulabschluss und für ein bestmögliches Leben deines Kindes.
Ist das tatsächlich und zu 100% sicher?
Welchen Preis zahlt ihr alle in der Familie dafür?
In vielen Familien läuft es darauf hinaus: Es geht auf Kosten der Beziehung zu deinem Kind. Die Lebenslust schwindet bei allen in der Familie. Du bist genervt und immer wieder überfordert. Dein Kind ist genervt, überfordert und fühlt sich verloren.
Willst du Mama/Papa sein und dich ganz raushalten?
Du überlässt die Verantwortung für den Bereich Schule komplett deinem Kind und sorgst damit für Frieden zu Hause. Es gibt keinen Streit darum, wann welche Hausaufgaben wie erledigt werden.
Und zu welchem Preis?
Dein Kind fühlt sich vielleicht alleingelassen. Schlechte Noten und Wissenslücken sind möglich. Wissenslücken, die vielleicht in höheren Klassen für große Probleme sorgen.
Willst du Mama/Papa sein und Unterstützer/in sein?
Du unterstützt dein Kind, sich selbst um alles zu kümmern, was mit der Schule zu tun hat. Du unterstützt damit dein Kind, sich alle weiteren Fähigkeiten und Fertigkeiten anzueignen, die es im späteren Leben auch braucht – Mut, Geduld, Menschenkenntnis, Lebensfreude leben, Organisieren, für sich und andere einstehen, Empathie, etc.
Du bist da, hörst zu, hilfst, wenn wirklich nötig und motivierst dein Kind durch deine Präsenz.
Was ist hier der Preis?
Du hast weniger Kontrolle und du musst loslassen können (was vielen Eltern schwerfällt). Schlechte Noten sind möglich – hältst du das aus?
Oder willst du sogar eine ganz andere Rolle haben?
Oder eine Mischung aus mehreren Möglichkeiten?
Was willst du und handelst du im Alltag danach?
Hier gibt es keine richtige Antwort – doch du solltest deine Antwort finden.
Definiere, wie du deine Rolle und deine Aufgaben in diesem Dreieck siehst. Leg für dich fest, wie du dich deinem Kind und der Schule gegenüber verhalten willst. Und dann lebe danach.
2. Welche Einstellung hast du zur Schule?
- Deine Einstellung bestimmt deine Sprache, deine Ansprüche und dein Verhalten.
Das bekommt dein Kind mit – es weiß genau, wie du zur Schule stehst. - Welches Gefühl verbindest du mit der Schule und der Schulzeit? Mit deiner eigenen und mit der deines Kindes?
- Hast du negative Erinnerungen an deine Schulzeit?
- Ärgerst du dich, weil die Lehrkraft deines Kindes vermeintlich oder tatsächlich von dir Lehrertätigkeiten verlangt?
- Bist du unsicher und überfordert, weil dein Kind mit der Schule und/oder der Lehrkraft nicht klarkommt?
- Gibt es noch mehr unangenehme und negative Gedanken und Gefühle dazu?
Dein Kind muss jeden Tag in die Schule gehen und erlebt gleichzeitig, dass du vielleicht ein Problem mit dem Thema Schule hast. Wie soll es damit umgehen? Wie soll es sich wohlfühlen und lernen, wenn es weiß, dass der über alles geliebte Elternteil Schule im Allgemeinen oder eine Situation oder Lehrer/in negativ sieht?
Du musst Schule nicht lieben lernen.
Doch du kannst Schule, wie sie ist, akzeptieren.
Du kannst dich mit deinen negativen Gefühlen der Schule gegenüber beschäftigen und aussöhnen.
Du kannst der sichere Hafen für dein Kind sein, den es aufsucht und wieder Kraft schöpft für den anstrengenden Alltag in einer Institution, in die es gehen muss.
Du hast überaus positive eigene Erinnerungen und Gefühle an die Schule und verstehst nicht, warum es für dein Kind so schwierig ist?
Dann kann es sich lohnen, mal über deine Ansprüche nachzudenken. Was erwartest du von deinem Kind?
Fazit:
Schule ist Realität und Normalität für dein Kind. Punkt.
Du änderst Schule nicht und du hilfst deinem Kind nicht, indem du über die Schule oder einzelne Lehrer/innen schimpfst.
Du änderst Schule nicht und du hilfst deinem Kind nicht, indem du mit deinem Kind kämpfst.
Du hilfst deinem Kind, indem du deine Rolle/Aufgabe für dich findest und danach lebst.
Du hilfst deinem Kind, indem du deine Gefühle klärst und eine klare, akzeptierende Haltung einnimmst.
Damit das wichtigste unangetastet bleibt: diese dein Herz ausfüllende, liebevolle und zugewandte Beziehung zu deinem Kind.
Ich wünsche dir und deiner Familie einen gelassenen und entspannten Umgang mit dem Thema Schule & Co. 💖
Herzliche Grüße
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